Wenn die Maske fällt

Ich stehe auf. Die Welt ist noch still. An jedem Morgen wird sie neu geboren. Ich und mein Kaffeebecher wandern von meiner Küche auf den Balkon. Hier bin ich sicher hier sieht mich keiner. Meine Wohnung ist mein Schutz, mein Panik-Room. Ich bin ein Mensch, wie alle anderen auch. Ich bin ein Mensch und habe Angst vor der Welt da draußen. 
Der Duft des Kaffees steigt mir in die Nase. Die Kälte begrüßt meinen Körper. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich lebe. Das ist für mich jedes Mal wieder eine Freude.
Dann beginnt der Alltag: Frühstück, Gassi, Uni, Mittag; Uni, Gassi, Lesen, Bett. Früher begleitete mich immer eine Maske. Möglichst schön, möglichst geheimnisvoll, möglichst tarnend. Sie war mein Schutz. Ich wollte mich vor der Welt, vor der Gesellschaft, vor euch schützen. Wir sind angreifbar ohne unsere Masken. Ohne sie könnten die Anderen erkennen, dass wir nicht in allem perfekt sind oder Schwächen und Sorgen haben, die uns angreifbar machen. Wenn die Angst zu groß wird, wird die Maske zu einer Rolle und die Rolle zu unserem Leben. Aber ich war nicht glücklich mit dieser Rolle. Sie engte mich ein und ließ mich meine Träume vergessen. Liebe und Freundschaft konnte ich nie vertrauen, weil alle Menschen ja nur meine Maske sahen. Dadurch wurde ich, der Mensch hinter der Maske, kalt und zerbrechlich wie Glas.
Dann riss jemand an der Maske. Wollte mein Gesicht sehen. Ich ließ ihn nicht. Er bekam Verstärkung. Gemeinsam zehrten sie an meiner Maske und eines Morgens entschied ich, die Maske zurückzulassen. Sie lag eine ganze Weile griffbereit auf meiner Kommode. Hin und wieder, wenn die Kraft mich verließ, setzte ich sie wieder auf. Aber mit jedem Tag, an dem ich mich dagegen entschied, wuchs ich, wurde stärker und verstand das ich nur so wirklich leben kann. 
Nun ist die Maske nur noch eine Erinnerung an die Entscheidung, die ich jeden Tag treffe. Sie hat nun eine andere und bedeutendere Aufgabe. 


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