Morgenlektüre: Yoko Ogawa ~ Das Geheimnis der Eulerschen Formel


Ich habe dieses Buch von meiner Bücherfresserin geschenkt bekommen. Wie immer bei diesen geschenkten Büchern, habe ich meistens keine Ahnung, was mich erwartet. Bei diesem hier war ich schon beim Titel verwirrt. Ich meine, ich hatte keine Ahnung was dir Eulersche Formel ist. Ist das also ein mathematischer Roman? Wäre mal was ganz neues! Und ein Geheimnis könnte das Ganze ja wirklich für einige sein. - Ich habe übrigens schon wieder vergessen, was die Eulersche Formel nochmal war. Aber ich weiß diese Geschichte werde ich nicht vergessen:

Wir sind in Japan und begleiten eine Haushälterin zu ihrer neuen Arbeitstelle. Sie hat es nicht leicht, zieht sie doch ihren Sohn alleine groß und kann sich nicht auf die Hilfe ihrer Familie verlassen. Sie und ihr Sohn  kämpfen sich alleine durch den Alltag. Aber sie arbeitet tapfer weiter, obwohl sie diesen, manchmal sehr undankbaren, Job verrichten muss. Es geht nun mal nicht anders. Dann steht sie da, hinter dieser Tür wartet ein alter Mathematikprofessor und möchte von ihr umsorgt werden. Er lebt in einer kleinen Wohnung, ist ein ehr stiller Zeitgenosse und auch nicht sonderlich anspruchsvoll. Aber einen Harken gibt es: Nach einem Unfall vergisst der Professor alle 80 Minuten alles, was vorher passiert ist. Unsere Haushälterin ist zwar vorgewarnt, dennoch ist die erste Befragung sehr verwirrt. Er frag sie nach Zahlen, Geburtsdatum, Schuhgröße und so etwas, und bringt sie mit etwas in seinem Gedächtnis in Verbindung. Die Geschichte wird so weiter gesponnen, Zahlen verknüpfen Haushälterin und Professor und letztendlich auch den Sohn, der den Spitznamen Root erhält. Ein bisschen lernen wir mit den beiden Unwissenden vom Professor und erleben, dass Liebe nicht immer etwas ist, was in unserem Gedächtnis verankert ist.

Dieses Buch hat eine gemütliche Atmosphäre. Oder wie würdet ihr einen Spätsommernachmittag in einem Gartenpavillon einer japanischen Stadt vorstellen beschreiben? Schenkt euch ein wenig Tee ein kuschelt euch in die Sonne und taucht ein bisschen ein in eine Ecke der ruhigen Kultur Japans, die im Hinterhof ihrer modernen Stadt versteckt. Atmet tief durch und lasst euch auf ein bisschen Mathe ein. Dann merkt ihr das Mathe gar nicht so schlimm ist, dass es nur eine weitere Sprache ist, dass ihr damit viele Dinge anders sehen könnt, wie hängen manche Dinge zusammen... Ihr seht einen anderen Blickwinkel. Eine andere Ordnung in dem Chaos, die Wärme in kalten Zahlen, sehr viel Leben in Formel.

Ich plane mir demnächst mehr Bücher von Yoko Ogawa zu besorgen, weil mich diese Geschichte so inspiriert hat. Sie erzählt von Dingen, die vielleicht in ihrer und in unserer Kultur verschwiegen werden. Und es bleibt keine Schwermut zurück, vielleicht nur etwas Melancholie und das Wissen, dass überall Liebe ist.

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