Selfcare und Freundschaft

Freundschaft ist für mich im Moment ein schwieriges Thema. Ich habe nämlich die unliebsame Eigenschaft, mich entweder ganz auf eine Person einzulassen oder mich nur wenig bis gar nicht bei ihnen zu melden. Das liegt hauptsächlich daran, dass ich mich nicht Abgrenzen kann. Wenn es einem meiner Freunde schlecht geht, bin ich immer versucht ALLES zu tun damit es ihnen besser geht. Dazu gehört bei mir blöderweise als allererstes mich selbst vollkommen zu ignorieren. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass ich mich im letzten Halbjahr von den Freunden distanziert habe , mit deren Bedürfnissen ich in dieser Zeit nicht umgehen kann.
Langsam merke ich aber, dass Distanz keine Lösung ist, denn dann verliere ich die Menschen wirklich. Andererseits gibt es ein zwei Freundschaften, die für mich wirklich nicht gut sind.
Es gibt öfter mal einen Moment, wenn mir verschiedene Bekannte schreiben, da fühle ich mich richtig schlecht. Allerdings ehr weniger weil der Kontakt (von beiden Seiten!) wiedermal etwas eingeschlafen ist, sondern weil die Menschen erst dann sich wieder an mich erinnern, weil sie etwas von mir wollen. Ich nehme das immer als Desinteresse an meiner Person wahr, auch wenn es vielleicht nicht so ist. Wenn sogar das Höfflichkeits-"Hi, wie gehts " fehlt, komme ich mir doch sehr schäbig vor. Für so etwas habe ich nicht die Nerven und  trotzdem versuche ich diesen Menschen den Gefallen zu erfüllen. Wer vielleicht ähnlich gestrickt ist, kann nachvollziehen, dass man sich selbst damit selten einen gefallen tut. Das alles sind bei mir innere Prozesse, die nur für mich von Bedeutung sind und von den meisten Menschen schnell vergessen wird.
Noch schwerer Fällt es mir bei Freunden, die genauso wie ich psychisch nicht immer einfach sind. So wie es förderlich sein kann, zu wissen was in dem Anderen grade vorgeht, ist es für mich auch immer ein Grund ihnen alles zu verzeihen und damit eben wieder meine Bedürfnisse über Bord zu werfen.
Je wichtiger mir eine Freundschaft ist, desto schlimmer ist dieser Effekt bei mir. Im Moment gibt es bei mir eine Freundschaft, bei der mir die Tränen in die Augen steigen und mein Magen zu einem festen Ball auf Trauer und Wut wird. Das Problem ist, dass mir die Freundschaft und die Person so wichtig sind, dass ich sie nicht aufgeben will - und das schon seit über zehn Jahren. Andererseits weiß ich, dass ich mit dem momentanen Zustand immer wieder zurück katapultiert werde zu dem Punkt, an dem meine Monster die Herrschaft übernehme. Ich weiß nicht, wie sich das entwickeln wird, aber ich muss meine Prioritäten setzen, wenn ich gut zu mir selbst sein will.

Für meine restlichen Freundschaften wird sich vielleicht auch etwas ändern, vielleicht auch nicht, weil sich das Problem nicht mehr ergibt. Ich werde vielleicht einigen Freunden etwas egoistischer vorkommen. Anderen Freunden werde ich nicht mehr wie gewohnt gleich antworten oder ich werde auf Fragen nach einem Gefallen mit Nein antworten. Ich habe diese Dinge bei meinen Freunden immer akzeptiert, mir selbst aber selten zugestanden. Daran habe ich in den letzten Monaten gearbeitet. Ausgewählte Lieblingsmenschen waren an diesem Prozess beteilig, verschiedene lasse ich jetzt nach und nach wieder in mein Leben.

Viele meiner Probleme sieht man von Außen nicht oder sind nur sehr schwer zu bemerken. Vielleicht bekommen Menschen in unserem weiteren Umfeld auch gar nicht mit, welche Probleme wir haben. Keiner von uns geht damit hausieren. Deswegen ist es für jeden von uns umso wichtiger auch im Umgang mit unseren Freunden, dass wir für uns selber da sind. Nur so können wir auch für unsere Freunde eine starke Schulter sein.

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